Sieben Frauen, vier aus der Sektion Allgäu-Immenstadt, zwei aus der Sektion Ulm, eine aus der Sektion Mindelheim; die älteste fast 78, die jüngste 45 und alle mit dem gleichen Ziel: die fast 170 km von Deutschlands ältestem Fernwanderweg in acht Tagen zu erwandern.
Die erste Herausforderung ist unsere umweltfreundliche Anreise mit der Deutschen Bahn. Doch sie funktioniert gut (deutlich besser als die Heimreise), manche Züge haben zwar Verspätung, aber die Umstiegszeiten sind sehr großzügig und so reicht es auch noch für einen Kaffee im Bahnhof Würzburg.
Der Rennsteig beginnt in Hörschel, einem Ortsteil von Eisenach, und endet in Blankenstein. Er ist ein historischer Grenzweg im Thüringer Wald, Thüringer Schiefergebirge und Frankenwald.
Nach mehr als 40 Jahren der Trennung ist der Rennsteig seit 28. April 1990 wieder offiziell eröffnet und auch wieder durchgehend begehbar. Es ist ergreifend und erschütternd die ehemalige Grenze (insgesamt sechsmal) zu überschreiten, die Teilung Deutschlands und die Sperrungen des Rennsteigs wegen der Grenznähe (Sperrgebiet) doch noch so deutlich vor Augen zu haben (die Lochbetonplatten, der Patrouillenstreifen, sind noch vorhanden und Informationstafeln weisen auf die Grenze und die ehemaligen Sperrungen hin). Der Ausbaugrad des Weges spiegelt seine Geschichte noch immer wider: der thüringische Teil bietet viele Schutzhütten und Rastplätze, der Abschnitt in Franken hat nur wenig dieser Infrastruktur zu bieten.
Wie es Brauch ist, nehmen wir am Beginn des Rennsteigs einen Kieselstein von der Werra mit, um ihn dann am Ende des Rennsteigs in die Selbitz zu werfen.
Unsere Wegstrecken sind max. 28 km lang, aber gut machbar, trotzdem gibt es die eine oder andere zwickende Stelle, Muskelkater, Schmerzen im Oberschenkel, der Achillessehne…
Wir sind mit leichtem Tagesrucksack unterwegs, wobei „leichter Tagesrucksack“ bei der einen oder anderen doch nicht ganz so leicht ist… Unser restliches Gepäck und ab und zu auch die eine oder andere Wanderin, die einen Ruhetag benötigt, wird mit einem Gepäcktransport transportiert.
Die Wege sind zu Beginn eher breitere Forstwege, mit der Möglichkeit ab und an auch auf schmale Wege auszuweichen, sie werden aber immer schöner, je länger wir unterwegs sind.
Wir machen Abstecher zu Aussichtspunkten, zur Drachenschlucht oder zu Sehenswürdigkeiten, schauen uns viele alte Grenzsteine, Steinkreuze und Dreiherrensteine an, informieren uns anhand der zahlreichen Informationstafeln am Weg, besichtigen zwei wunderschöne Kirchen (die Holzkirche in Neuhaus am Rennweg mit einer interessanten Führung und die innen schön bemalte Kirche in Spechtsbrunn) und schauen uns die Christbaumkugel-Ausstellung in Ernstthal bei Lauscha an.
Der Wald hat sich an manchen Stellen schon erneuert, wir sehen Mischwald, aber auch abgestorbene und abgebrochene Fichten. Es gibt erschreckend viele abgeholzte Stellen, die uns dann wiederum eine weite Sicht ermöglichen, und mehrmals begegnen wir Harvestern. Diese schweren Vollerntemaschinen hinterlassen schreckliche Furchen im Waldboden und auf den Wanderwegen und einen Kahlschlag.
Das Wetter ist uns gnädig, zu Beginn ist es warm und wir können abends sogar noch draußen sitzen. Dann wird es kälter, es gibt nachts auch Bodenfrost, aber es ist zumeist gutes Wanderwetter. Wir werden nur einmal richtig nass, bei zwei Stunden Dauerregen mit starkem Wind. Aber glücklicherweise haben wir an diesem Tag eine Unterkunft mit Trockenraum inklusive Schuhtrockner. Somit ist am nächsten Tag wieder alles getrocknet und keine von uns muss in nassen Schuhen oder mit ihren Ersatzschuhen weitergehen.
Die Stimmung ist sehr gut, wir genießen die Landschaft, die durch die Abholzung weite Fernsicht, die vielen Sehenswürdigkeiten und Informationen entlang des Weges, die Begegnungen unterwegs mit Einheimischen und anderen Wandernden. Wir freuen uns über ungewöhnliche Kaffeepausen: einmal in einer Fleischerei (so heißt die Metzgerei im Thüringischen), mit Kostprobe des selbstgemachten, einheimischen Stollens vom Nachbartisch, ein anderes Mal bei Selbstbedienung am Kaffeevollautomat und Süßigkeiten mit Vertrauenskasse auf Spendenbasis im Rennsteighaus in Brennersgrün, oder in einem wunderbar, als Gaststätte und Café umgebauten Bahnhof, oder… nur einmal, da haben wir leider kein Café unterwegs gefunden.
Unsere Unterkünfte sind sauber und gemütlich, manche liegen direkt am Rennsteig, mitten im Wald. Dort hören wir nachts dann auch das Brunftgeschrei der Hirsche.
Wenn die Gasthöfe nicht direkt am Rennsteig liegen, werden wir von den Wirtsleuten abgeholt und morgens auch wieder zum Startpunkt gefahren. Die meisten Unterkünfte in denen wir übernachten, haben ein Restaurant, wenn nicht fährt uns der Vermieter zum Essen ins nächste Dorf und holt uns nach dem Essen auch wieder ab. Es ist alles bestens organisiert.
Unsere Lunchpakete dürfen wir morgens meistens selbst machen (so hat jede das, was sie am liebsten isst), außerdem bekommen wir Äpfel und etwas zu trinken für unterwegs, wobei nach dem ausführlichen Frühstücken manche von uns tagsüber gar nichts zum Essen braucht. Und abends gibt es dann auch immer leckeres, meist thüringisches Essen, wie zum Beispiel Rouladen mit Rotkohl und Hüte (dieser Ausdruck kommt von: „Hüte es, das eigene Rezept für Thüringische Klöße“). Und das thüringische Bier und die Rennsteigtropfen sind auch nicht zu verachten!
Es gibt noch so viel zu berichten, aber viele Dinge muss man einfach selber machen und erfahren. Am besten ihr macht den Rennsteig selbst, sei Juni 2000 gibt es auch den Rennsteig-Radweg.
Deutschland hat noch viele weitere schöne Mittelgebirgs-Weitwanderwege, kommt doch einfach mal mit! Nächstes Jahr geht’s zum Oberlausitzer Bergweg, wer von euch war schon dort oder weiß, was die Oberlausitz alles zu bieten hat?
Also dann bis zum nächsten Jahr! Ich freue mich schon auf euch und auf die Oberlausitz.
Leitung und Bericht: Dagmar Franz